Paul Smith: Margins

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Review: Paul Smith – Margins

Bevor man sich auf das Album von Paul Smith einlässt, gilt es eins unbedingt zu beachten: Der Maximo-Park-Modus ist unbedingt auszuschalten. Was man hier geboten bekommt, ist der sensible Paul Smith, der von sich selbst behauptet, dass eine Stadt wie London ihn fertig machen und zu sehr verunsichern würde.

Und das ist vermutlich auch das grandiose an diesem Künstler, denn seine unglaubliche Bühnenpräsenz ist nicht die Fähigkeit zu großem „Entertainertum“, ist nicht gespielt, sondern resultiert aus der Hingabe dem Publikum gegenüber, dem Loslassen auf den Brettern, die die Welt bedeuten. Man muss sich also vorbereiten auf dieses Album, sich frei machen und aktiv hinhören. Das fällt einem aufgrund Pauls charakteristischen Stimme natürlich schwer, aber manche Dinge sind unter anderem deswegen so besonders, weil man sie nicht geschenkt bekommt. Wenn ihr das Album also gehört habt und empört feststellt: „Das klingt ja gar nicht wie Maximo Park!“, dann habt ihr sicher etwas falsch gemacht, auch wenn der Opener „North Atlantic Drift“ zunächst etwas anderes vermuten lässt.

Beim ersten Mal hören hat die Platte mich ein wenig an Jim Jarmusch erinnert. Dieser Regisseur, dessen Filme mit leisem Ton eine Geschichte erzählen, die nicht von vorne herein bis ins letzte Detail durchgeplant und dann umgesetzt wurde. Geschichten, die sich entwickeln durften und die nicht laut werden mussten, damit man sie hört.

Die großen Indiekracher Marke 2005, welche die Indiewelt in Tanzwut versetzten sind auf Margins demnach nicht vorhanden. Dafür Songs, die mehr Singer/Songwriter Elemente aufweisen und etwas gesetzter sind. Das ganze Album wirkt sehr introvertiert, intim und privat. Die Texte stellen oft ein verbal gemaltes Bild konkret wirkender Situationen dar und erwecken so den Eindruck, in das Seelenleben eines schüchternen Erzählers zu blicken. Ist man persönlich dazu in der Lage, sich von den leisen Tönen, die dieses Album anschlägt, fangen zu lassen, vergisst man sehr schnell, dass dieser Erzähler normalerweise wie wild auf der Bühne rumhüpft und seine Zuschauer damit begeistert.

Auch stimmlich variiert Paul Smith mehr, als er es sich bisher mit Maximo Park getraut hat und fügt der Platte ein weiteres Klangbild hinzu, welches sich insgesamt aus mal mehr und mal weniger komplexeren Songs zusammensetzt. Die Vermutung, ob das ein Nebeneffekt davon ist, dass Margins eher ein Stückwerk ist, das über mehrere Jahre entstanden ist, liegt nahe.

Die Produktion ist insgesamt sehr zurückhaltend gestaltet. Statt scharfer und schneller Riffs findet man hier eher Hall-Effekte und Streicher, welche die für Paul Smith typisch anspruchsvolleren Lyrics begleiten und in den entsprechenden Rahmen stecken. Dabei ist es jedoch keineswegs so, dass das Album einem einfachen und simplen roten Faden folgt. Es zieht zwar durchgehend unlaut, behutsam, schüchtern und verhalten seine Bahnen durch das Klangverständnis des Hörenden, dennoch ist es durch seine emotionale Art und durch die vertraut wirkende Sicht auf bestimmte Szenerien, die einem durch die Texte geschenkt wird, abwechslungsreich und alles andere als eintönig. Mit dem Song „Pinball“ findet Margins letztendlich seinen würdigen, leisen, herzerweichenden aber irgendwie doch versöhnlichen Abschluss, der sich die ganze Zeit über unaufdringlich ankündigt.

Abschließend lässt sich in meinen Augen sagen, dass man es hier mit einer Platte zu tun hat, die sicherlich einige langweilig finden werden, da das Ohrwurmpotential sehr gering ist. Es gibt wenige Ecken oder Kanten, an denen man sich festhalten kann. Wer es allerdings schafft, sich auf das Album einzulassen – und das ist sicherlich gar nicht so einfach und setzt voraus, dass man sich das Album mehrmals in Ruhe anhört – bekommt von Paul Smith ein Stück melodiöse Poesie, die es zumindest auf meinen tragbaren Musikabspieler schaffen wird.

Tracklist:

01. North Atlantic Drift
02. The Crush And The Shatter
03. Improvement/Denouement
04. Strange Friction
05. While You’re In The Bath
06. This Heat
07. I Drew You Sleeping
08. Alone, I Would’ve Dropped
09. Dare Not Dive
10. I Wonder If
11. Our Lady Of Lourdes
12. The Tingles
13. Pinball

Paul Smith: Margins
Vö: 15.10.2010 / Billingham, Cooperative, Universal

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