The Soft Moon: Zeros

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Review: The Soft Moon – Zeros

I’m In Love. Episch schwer und treibend, pulsierend, donnernd und zischend, kommt das neue The Soft Moon Album „Zeros“ – passend zum November – daher. Wie schon bei seinen Vorgängern jagt uns Luis Vasquez mit seinen progressiven experimentellen Sounds ein bisschen weg aus dieser Welt, wo die Sonne allzeit scheint und nimmt uns mit auf einen hypnotischen dunklen Trip aus – ja, aus was eigentlich?

First Rule Of „Zeros“: Man muss das Album im Ganzen hören, denn das Hören von einzelnen Songs oder Passagen reisst es aus dem Zusammenhang. Wenn „Zeros“ ein Film wäre, dann hätten Kubrick und Lynch das erste Mal zusammen gedreht: sehr weitwinklig in der Perspektive, alles offenlassend und dennoch glasklar mit einem Psychopathen und einer Femme Fatale in der Hauptrolle. Dennoch muss man den Psychopathen hier als potentiellen Serientäter abstempeln. Zu viele Songs erinnern zu stark ans Debüt. Was nicht heissen soll, das dieses Album schlecht ist – ganz im Gegenteil!

Der Track „Machines“ hypnotisert. Wirkt aufputschend wie eine schlechte Droge, die anfangs Ponys verspricht und am Ende doch düsteres Getier liefert, und einstimmt auf das, was noch kommt. Fast fröhlich im Vergleich zum Vorgänger bahnen sich Drum Machine und Synths bei dem Titelsong „Zeros“ manisch-depressiv und ohne Rücksicht auf Verluste ihren Weg, begleitet von Stimmen, die dich erst vage anflüstern, um dir anschliessend per Verzerrer messerscharf an den Nerven zu zerren.

Das darauf folgende „Insides“ verspricht zwar anfänglich Entspannung, welche sich aber nur als hämischer Trugschluss erweist: denn gefangen in einer Art Standbild kommt regelrecht postnarkotisch das beklemmende „Remember The Future“, wummernd, mit vielen Lichtblitzen und schreckensweiten Augen daher. Man ist zwar wach, kann sich aber wegen des Muskelrelaxans noch nicht bewegen und fällt immer wieder zurück in eine Art Dämmerschlaf, wo gegen Ende unschöne schräge Bilder auftauchen. Nichts für schwache Nerven.

Bewußtsein und Traum vermischen sich zu einem hilflosen Brei, aus dem man nur zu gerne befreit werden möchte, womit man bei dem darauffolgenden „Crush“ die Gelegenheit bekommt – wenn man sie denn wahrnimmt. Wie der Wecker, den man zuerst im Halbschlaf hört, beginnt es sich in deinen Kopf einzunisten, um dich anschliessend hämisch angrinsend wieder komplett wegdriften zu lassen. Wenn du jetzt nicht wach wirst, verschläfst du – oder wachst spätestens bei „Die Life“ schweissgebadet auf. Vasquez lässt dir keine Wahl.

Bei „Lost Years“ erwartet man anfangs jederzeit den einsetzenden Gesang von Joy Divisions‘ Ian Curtis. Und wenn man im letzten claustrophobischen Drittel heil angekommen ist und die Augen schließt, kann man Jack Nicholson schon fast anfassen, wie er mit Axt durch den verschneiten Irrgarten des Overlook Hotels hetzt. Das Ende ist Kubrick-esk, um dann mit dem percussionlastigen spielerischen „Want“ wieder hinüber zu Lynch zu switchen. Irgend etwas ist hier auf der Flucht, aber was vor was?

Zeros beginnt mit „It Ends“ – welches explosiv anfängt und anschliessend grotesk sanft ausläuft und hört mit „ƨbnƎ ƚI“ – einer rückwarts laufenden Version des Openers auf, der uns langsam wieder in die Realität zurückbringt. Wollen wir das? Was ist der Anfang, was das Ende?

Second Sentence Is False. First Sentence Is True.

Tracklist:

01. It Ends
02. Machines
03. Zeros
04. Insides
05. Remembering The Future
06. Crush
07. Die Life
08. Lost Years
09. Want
10. ƨbnƎ tI

The Soft Moon: Zeros
Vö: 05.11.2012 / Captured Tracks, Cargo Rec.

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