Bilderbuch: Live @ Häll, Heidelberg

0

Review: Bilderbuch – Live im Häll, Heidelberg (02.03.2012)

Wiener Schmäh im romantischen Heidelberg..? Wer bei dem Gedanken nur Assoziationen an walzertanzende Studenten aus dem 19. Jahrhundert bekommt, wurde am Freitag, den 02.03.2012 im Heidelberger Kultladen Häll eines Besseren belehrt. Dort rockte der österreichische Vierer Bilderbuch den Klub mit deutschsprachigem Indierock mit teilweise ganz schön abgedrehten Texten.

Los gings mit dem „Boot-Song“, zu dem Frontmann Maurice Ernst standesgemäß etwas verspätet die Bühne entert, um dann das Publikum gleich mit der ersten Textzeile „Unsere Jugend wird dahin sein, wie der Rauch aus dem Schornstein“ darauf zu stoßen, dass es an diesem Abend keine einfache Tralala-Lyrik erwarten kann.

Dem Rock’n’Roll tun die Texte derweil keinen Abbruch, die Band macht mit Liedern von Märtyrern und Kirschen mächtig Druck und spätestens beim zweiten Song fängt das Publikum an zu tanzen und zu grooven. In den Pausen gröhlt jemand im Publikum österreich-spezifische Begriffe wie „Toni Polster“ oder Songtitel von Falco – die Band amüsiert’s.

Beim nächsten – als besonderes Schmankerl angekündigten – älteren Lied „Tobias Kontrolle“ ist die Stimmung bereits super, selbst Schlagzeuger Andreas Förderer hält es teilweise nicht mehr auf seinem Platz. Wie auch im weiteren Verlauf des Konzert macht er gerne mal ein paar Schläge im Stehen.

Sänger und Gitarrist Ernst unterhält die Menge mit launigen Sprüchen im Wiener Schmäh und leitet mit Sätzen über’s Studieren in Heidelberg, das Heidelberger Schloss, seinen Stinkefuß nach zehn Wochen Gips, Schmerzen und Herzschmerz auf die Ballade „Venezianischer Spiegel“ über. Dass sie waschechte Ösis sind, haben die Vier bereits im Song zuvor mit der Textzeile „Keinen Schilling bist du wert, mein Kätzchen“ gezeigt.

Bei den nächsten Songs wird es dann wieder etwas schneller und die Band gibt mit Geist, Joghurt und karibischen Träumen in der „Sauna“ Häll zur Freude des Publikums ordentlich Gas. Vor der letzten regulären Nummer der Setlist, „Kopf Ab“, rotten sich die Gitarristen und Bassist Peter Horazdovsky zunächst saitenzupfend vor ihrem Kollegen Drummer zusammen, bevor dieser den Startschuss für einen furiosen Endspurt gibt.

Natürlich wars das nicht für die Band, die Zugabe folgt auf dem Fuße. Den Gitarristen Michael Krammer hält es beim ersten Song „Pflaumenwein“ allerdings passenderweise nicht auf denselbigen beiden, also spielt er mal kurz auf dem Rücken und bedient halt zwischendurch ein paar Pedale mit den Händen.

Zwei weitere Nummern haben die vier Jungs aus Wien für das positiv angetane Heidelberger Publikum noch im Gepäck: Mit „Calypso“ und „Schwarzflug“ schließt die Band ein sehr cooles Konzert ab, das zu keinem Zeitpunkt langweilig war – keine schlechte Leistung, wenn man bedenkt, dass sicherlich die wenigsten im Publikum mit beiden Alben der Band vertraut waren – und die Hütte ordentlich gerockt hat.

Setlist:

01. Ein Boot Für Uns
02. Bitte, Herr Märtyrer
03. Die Kirschen Waren Toll
04. Tobias Kontrolle
05. Nelken & Schillinge
06. Venezianischer Spiegel
07. Geist
08. Joghurt Auf Der Bluse
09. Karibische Träume
10. Kopf Ab
11. Pflaumenwein
12. Calypso
13. Schwarzflug

X
X