Review: Dinosaur Jr. – Live in der Alten Feuerwache, Mannheim (22.05.2010)
Review für Dummies: Statt dem üblichen „Die Band spielte sowohl Songs von ihrer aktuellen Platte, als auch Hits aus alten Zeiten“-Gefasel, bringen wir diesmal einen etwas „anderen“ Konzertbericht:
Dinosaur Jr. sind eine amerikanische Band. Sie machen Gitarrenmusik. Joseph Donald „J“ Mascis spielt Gitarre, Louis Knox „Lou“ Barlow Bass und Emmett Jefferson „Murph“ Murphy III spielt Schlagzeug. Normalerweise zumindest. J Mascis ist einer von knapp 0,2% aller Männer bei denen lange Haare okay sind. Ausserdem sind Dinosaur Jr. eine von ca. 2% aller Bands bei denen Gitarrensolos okay sind.
Der durchschnittliche Gitarrist schaltet beim Stimmen auf der Bühne sein Instrument stumm, J Mascis allerdings lässt das Publikum daran teilhaben. Zuerst im Standard-Modus, später kombiniert mit allen erdenklichen Effektgeräten. J Mascis’ Phaser klingt wie diese hohlen Riesengummibälle, auf die man im Herzogenried-Park mit Wasserstrahlen schiessen konnte. Das Wasser traf auf die Bälle, was einen irgendwie metallischen, hohlen und unnachahmlich fliessenden Sound erzeugte.
Es ist mir auf vorigen Dinosaur-Konzerten nie aufgefallen, aber in der Feuerwache hat das Licht versucht, möglichst J-Grün und J-Lila zu scheinen (siehe: Dinosaur Jr.-Plattencover-Artwork, Myspace-Seite, sowie von Mascis designte Turnschuhe und Gitarre).
Zuerst stand ich hinten, und habe dementsprechend wenig gesehen. Ein bischen von Lou Barlow, und die inzwischen grau-weisse Matte von J (irgendwie passend, in einer weiteren Band namens „Witch“ zu spielen). Ich hatte aber so ein Gefühl: Der Schlagzeug-Sound erinnerte mich an ein Live-Bootleg aus einer Zeit, in der Murph nicht bei Dinosaur gespielt hat.
Die Songs auf diesem Bootleg hatten alle eins gemeinsam: Sie wurden durch so eine widerliche Metal-Knüppel-Doppelfussmaschine verhunzt. Dass am heutigen Abend eine benutzt wurde bezweifle ich, aber mir war klar: Ich mag die Beinarbeit des Schlagzeugers nicht. Wenig später, ein paar Reihen weiter vorne klärte sich dann das Rätsel: Ich sah eine Mähne auf- und abwippen hinterm Schlagzeug. War also nicht Murph, denn der trägt seit einiger Zeit Glatze. „Murph Had To Go Home“, laut Zwischenansage. Nun denn. Da mussten wir dann eben durch. Hoffen wir, dass es ihm gut geht.
Wie bereits oben erwähnt sind Dinosaur Jr. eine der wenigen Bands deren Gitarrensolos ich ertragen kann. Und J Mascis hat mit ihnen nicht gegeizt. Seine Marshall-Stacks erinnern optisch übrigens ein wenig an die „Quetschwalze“ aus Futurama. These Go To Eleven!
Beim Dinosaur-Sound scheint es Usus zu sein, den Gesang ziemlich dünn im Hintergrund zu halten. J hatte in einem Interview mal erzählt, dass er sich darüber bewusst ist, nicht unbedingt die beste Gesangsstimme zu haben. Seiner Meinung nach hat er keine „Voice That Sounds Good On The Radio“. Never Mind! Schön war auch, dass man (wenn ich mich recht erinnere bei „I Don’t Wanna Go There“) zwischendurch Lou Barlows Bassspiel raushören konnte.
Ob nun Altherren-Reunion oder altersloser Rock’n’Roll bis zum Anschlag, die Definition ist egal: Wall of Sound aufbauen, Klangteppich verlegen, und dann den Einzug feiern. Nach der Party klingeln einem die Ohren.
P.S. Built To Spill haben vor Dinosaur Jr. gespielt; sie werden in dieser Review nicht behandelt, sind allerdings eine grossartige Liveband. Geht auf ihre Konzerte, kauft ihre Platten!