Review: Frank Turner & The Sleeping Souls – Live im Karlstorbahnhof, Heidelberg (20.12.2011)
Es ist ja keine neue Geschichte: Eine Post-Hardcore Band löst sich auf, der ehemalige Sänger schnappt sich eine Gitarre und geht auf Tournee. So geschehen bei Chuck Ragan oder Dallas Green. Und natürlich Frank Turner. Nach dem Ende von Million Dead im Jahr 2005 zieht er solo los und viele, viele Konzerte sowie 4 Alben später landet er mit seinem neuem Album „England Keep My Bones“ zum ersten Mal im Heidelberger Karlstorbahnhof.
Zum Einstieg: „Eulogy“. Und schon dieser Song ist wie eine Umarmung: Not Everyone Can Be Freddie Mercury. Passend dazu das Outfit von Turner und den Sleeping Souls: weißes Hemd und dazu dunkle Jeans. Schon das sagt: „Hey, wir sind wir ihr. Ihr könntet genauso gut hier oben stehen. Vielleicht sogar besser als wir das können.“ An einem Abend mit dem scheinbar immer gut gelaunten und äußerst charmanten Engländer geht es nicht darum, aufzufallen oder um das perfekte Gitarrensolo. Nein, es geht um die Musik und darum, diese gemeinsam zu erleben. „As Fucking Equals“, wie Turner es nennen würde.
Das Konzert besteht hauptsächlich aus den letzten drei Alben, nur „Sleep Is For The Weak“ wird etwas vernachlässigt, in der Zugabe gibt es „The Ballad Of Me And My Friends“. Dafür gibt es mit „Four Simple Words“ einen neuen Song, den er erst zum zweiten Mal gespielt hat (und zum ersten Mal, ohne die Worte in der Mitte zu vergessen). Oftmals ist es ja so: Neue Songs werden eher verhalten aufgenommen. Nicht so hier: Wildes Tanzen im beinahe gesamten vorderen Bereich des Karlstorbahnhofes. Es herrscht eine Textsicherheit, wie man sie eher von Hip Hop Konzerten, die ja vorrangig über Sprache funktionieren, kennt. Und das ist auch gut so: Gefühlt jedes zweite Lied ist bestens zum Mitsingen (oder alternativ zum „Air Harmonica“ spielen) geeignet.
„Sons Of Liberty“, „The Road“, „If I Ever Stray“ oder „Substitute“: Es geht nicht um 5 Typen auf der Bühne, sondern um alle davor auch. Am Ende gibt es dann doch noch ein bisschen Freddie Mercury: „Somebody To Love“ wird souverän gecovert. Zur Zugabe gibt es noch ein kleines Highlight von vielen: Ein Cover von Leonard Cohens „Chelsea Hotel“. Den Abschluss bildet „Photosynthesis“. Und von vielen klugen Sätzen, die Frank Turner an diesem Abend gesungen hat, die man sich am liebsten überall unter die Haut stechen lassen will, ist das vielleicht eine der schönsten, vor allem wenn der volle Saal ihn zusammen singt: „I Won’t Sit Down And I Won’t Shut Up, But Most Of All I Will Not Grow Up.“