Review: Kele Okereke – Live im Karlstorbahnhof, Heidelberg (29.11.2010)
Da es ja zur guten Etikette von Frontmännern gehört, irgendwann auch mal die Bandkollegen daheim zu lassen und seine aufgenommenen Solotracks einem interessierten Publikum zu präsentieren, war es nicht wirklich erstaunlich, dass irgendwann auch Kele Okereke ohne seine Bloc Party Kumpanen losziehen sollte. Am letzten November-Montag hielt sein Tourbus im allseits beliebten Karlstorbahnhof, dessen Team des Öfteren solche musikalischen Leckerbissen in die Region holt.
Die zahlreichen Fans im gefühlt ausverkauften Karlstorbahnhof müssen allerdings auf den angekündigten Support Holy Ghost verzichten, die leider die Tour krankheitsbedingt absagen mussten. Als Ersatz springt die in Berlin lebende britische Elektroqueen Mama ein, die mit ihren Songs allen Elektrofans viel Freude bereitet. Alle Fans, die nicht so auf Elektro stehen, halten sich bei Mama erstmal vornehm zurück, stimmen allerdings um so mehr in die Jubelstürme mit ein, als Kele und seine 3 Begleiter die Bühne betreten.
Interessant für mich: Der erste Künstler, den ich sehe, der sein eigenes Merchandise T-Shirt auf der Bühne trägt. So kann jeder Fan gleich selbst beurteilen, ob sich ein Besuch des Merchandise Stands nach dem Konzert lohnt. Mit dem ersten Lied seiner „Boxer“-Platte „Walk Tall“ geht es auch gleich los, so dass es nicht lange dauert, bis die ersten T-Shirts nass werden. Bierdusche sei Dank.
An dieser Stelle sollte übrigens mal das Geheimnis um die Aussprache seines Namens geklärt werden. Weder „Kehleh“ noch „Kehle“ sind richtig, sondern man spricht es (Trommelwirbel) „Kelly“ aus. Um es mit den Worten Markus Kafkas zu sagen: „Hamma wieder was gelernt!“
Im Gegensatz zu Paul Smith, der auch vor kurzem im Karlstorbahnhof war, halten sich die Deutschkenntnisse von Kele in Grenzen, aber Musik braucht ja bekanntlich keine Sprache. Und ein klein wenig Englisch können wir Deutschen ja nun auch, nicht wahr Herr Öttinger..?
Auch die zahlreichen Bloc Party Fans werden nicht enttäuscht. Zwischen „Unholy Thoughts““ und der Single „Tenderoni“ gibt Kele einen Medley aus verschiedenen Bloc Party Songs in der Remix-Version zum Besten (u.a. mit „One More chance“ & „The Prayer“).
Einen kurzen Schock erleidet das Publikum, als sich Sänger und Band bereits nach sieben Songs wieder von der Bühne verabschieden. Könnte das Konzert tatsächlich so kurz sein? Das Album bietet doch noch so viel mehr. Kele selbst kann dann aber die Zuschauer mit den Worten „jetzt beginnt die zweite Hälfte“ wieder beruhigen. Auch mal was anderes.
Anders als bei anderen Bands ist aber auch das Getränkesortiment auf der Bühne. Manche Künstler bevorzugen Wasser, andere eher eine Flasche (oder 10) kühles Bier, sogar Tee wurde schon gesichtet. Kele dagegen genießt auf der Bühne Kräuterlikör mit Hirsch-Emblem in 0,4l Bechern! Vielleicht ist das Zeug hier in Deutschland günstiger erhältlich als auf der Insel, vielleicht benötigt er aber auch einfach keine kühlen Getränke, um mit der Hitze fertig zu werden. Stattdessen entledigt er sich nämlich einfach seines T-Shirts, ganz zur Freude der weiblichen und einiger männlicher Fans.
Apropos T-Shirt entledigen: Auf Wunsch von Kele wird gegen Ende noch ein weiblicher Fan gesucht, die bereit ist, ihr T-Shirt für den Drummer abzulegen. Als sich nach einigem Zögern eine junge Frau namens Hannah dafür bereit erklärt, zieht Kele das Angebot jedoch wieder zurück. Schade Hannah, nicht nur der Drummer hätte sich gefreut!
Um über diese Enttäuschung hinweg zu kommen benötigt es schon einiges. Da kommt es gerade recht, dass der Abschluß des Konzerts zur Freude aller aus den Bloc Party Remixen „Flux“ sowie dem überragenden „This Modern Love“ besteht.
Schön war’s, trotz/weil (Nicht-Zutreffendes bitte streichen) Elektro!
Setlist:
01. Walk Tall
02. On The Lam
03. Everything You Wanted
04. Unholy Thoughts
05. Bloc Party Medley
06. Tenderoni
07. Rise
08. The Other Side
09. Goodbye Horses
10. All The Things
11. Flux
12. This Modern Love